erschienen in : Donaustrudl Einsamkeit
Nr. 179, Februar 2014

 

Es ist einsam an der Spitze

Es ist wahr, ich habe in den letzten Jahren und Jahrzehnten meines Lebens eine erstaunliche Entwicklung vollzogen, ich bin einen langen Weg gekommen, wie es eine Redewendung aus dem US-amerikanischen so schön sagt. Meine Weggefährten werden das bestätigen, oder vielmehr die Weggefährten, die noch bei mir sind. Denn viele mir nahestehende und vielleicht auch geliebte Menschen musste ich zurücklassen, und manche vermisse ich tatsächlich noch ein wenig. Frei nach Bob Marley gesagt, ich hatte gute Freunde, und gute Freunde habe ich verloren auf diesem Weg. Viele waren nicht imstande, mir zu folgen.

Seit ich vor ein paar Jahren erfolgreich behandelt wurde, bin ich nicht nur normal, ich nähere mich über purificatio und illuminatio mit Riesenschritten der apotheosis. Das ist natürlich nicht jedem gegeben.

Aber was bringt einem die Erkenntnis, dass man intellektuell, spirituell und wohl auch kulturell seinem Umfeld überlegen ist, wenn nicht die Frage, wie um Himmels willen man nur an so ein Umfeld geraten konnte. Die Stimme verhallt wie die des Rufers in der Wüste, wenn die Umstehenden ihre Ohren verschließen. Wer den Leuten überlegen ist, wird nicht etwa auf das Podest gehoben, das einem zusteht, statt dessen wird man ihnen unheimlich, wird alleingelassen, man hält Abstand zum Berge Kailash.

Das ist im übrigen ja auch der Nachteil der Demokratie. Die durchschnittliche Masse der eher einfach Gestrickten stimmt nicht für den überlegenen, sie stimmt lieber für Ihresgleichen. Und so kommt es, dass man auch an der politischen Führung eben nur Durchschnitt erhält.

Jedenfalls wand‘re ich nicht mehr im finst‘ren Tal, lieber schwinge ich mich in lichte Höhen auf und lasse dabei so manches unter mir. In einem Niveauwettbewerb gegen mich zu verlieren ist somit auch keine Schande. Das heißt noch lange nicht, dass man ein niedriges oder gar überhaupt kein Niveau hat, nur eben nicht meines. Ein wahrer Spruch lautet, dass wer schweigt nicht immer zustimmt, er hat vielleicht einfach nur keine Lust, mit Idioten zu diskutieren. Denn die eine Tragik ist, dass viele dumme Menschen sich für so ausgesprochen intelligent halten, währen die andere Tragik darin besteht, dass genau deswegen viele ausgesprochen intelligente Menschen an ihrer Intelligenz zweifeln und sich so oft so ausgesprochen dumm vorkommen. Aber, den homo superior, den Übermenschen nannte mich vor nicht allzu langer Zeit eine, die das wissen muss, weil die das nämlich studiert hat, und daher kann mir das alles ausgesprochen egal sein.

Und wer es bis jetzt noch nicht gemerkt hat, dem sei gesagt: Das war Satire. Ich sage es nochmal, der vorangegangene Text war Satire. Und manchen Leuten muss man es wirklich dreimal sagen, dass der Text, den sie eben gelesen haben, Satire war. Und wer es auch nach dem dritten Mal sagen immer noch nicht ganz kapieren will, dem habe ich den Spiegel wohl etwas zu deutlich vor die Nase gehalten. Sei‘s drum, auf und weiter geht‘s …

 

 


 

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