Katrin Kreuzer und Astrid Pilz mit ihrem Dienstwagen in der PI Regensburg Süd
erschienen in : Donaustrudl Frauen |
"Frauen in Uniform gibt es in der bayerischen Polizei allerdings erst seit 1990", diesen Satz fand ich auf der Internetseite der Bayerischen Polizei, und er war Anlass genug für mich, für den "Frauen–Strudl" hier weiter zu recherchieren. Tatsächlich, so Dienststellenleiter PD Wolfgang Mache bei der Begrüßung in der PI Regensburg Süd, war Bayern das letzte der deutschen Bundesländer, in dem Frauen im uniformierten Polizeidienst tätig geworden sind. Entsprechend bestehe hier auch noch viel Nachholbedarf. Bei den beiden PIen Regensburg Nord und Regensburg Süd sind von den 216 Polizeiangehörigen 44 weiblich, somit ist etwa jeder fünfte uniformierte Polizeiangehörige eine Frau. In seiner eigenen Dienststelle im Minoritenweg finden sich unter den gesamt rund 160 Beamtinnen und Beamten gerade 29 Frauen, was einem Anteil von rund 18% entspricht. Mit zweien davon, Polizeihauptmeisterin Astrid Pilz, 33 und Polizeiobermeisterin Katrin Kreuzer, 27 treffe ich mich heute zum Gespräch.
Meine erste Frage lautet: "Erst seit 1990 – warum so spät?" Das Bild von der Rolle der Frau habe sich gewandelt, erfahre ich, und denke bei mir, dass sich in Bayern Rollenbilder eben etwas langsamer wandeln als andernorts. Daraus ergibt sich auch meine Folgefrage, ob es denn in der Beurteilung durch die öffentlichkeit große Unterschiede nach Altersgruppen gebe; meine Vorstellung, wonach ältere Menschen, die mit einem eher traditionellen Frauenbild aufgewachsen sind eher zu einer skeptischen Haltung tendieren, können die beiden Polizistinnen jedoch nicht bestätigen. Akzeptanz wie auch Ablehnung von Frauen im Polizeiberuf ziehe sich durch alle Altersgruppen. Merkliche Unterschiede zeigen sich schon eher im Hinblick auf die kulturelle Herkunft der polizeilichen Klientel. Die meisten Menschen hingegen, so hat die Erfahrung gezeigt, sehen beim Kontakt mit der Polizei ohnehin nur die Uniform und kaum den Menschen, der in selbiger steckt, ob nun männlich oder weiblich.
Ressentiments gibt es allerdings auch im Kreis der Kollegen. Während in der Ausbildung davon noch nichts zu merken war, zeigt sich im regulären Dienst bisweilen in Einzelfällen eine eher allgemeine, nicht näher definierte Skepsis den Kolleginnen gegenüber, ob sie denn den Anforderungen des Dienstes auch gewachsen seien. Denn Fakt ist, und auch das bestätigen mir Frau Pilz und Frau Kreuzer jenseits aller political correctness, rein körperlich sind – zumindest meistens – Frauen den Männern unterlegen. Gerade in Einsatzsituationen, in denen mit erhöhter Gewaltbereitschaft zu rechnen ist, wird Frauen deshalb gerne einmal eine mindere Eignung unterstellt. Ich denke zurück an meine Teilnahme am Polizeieinsatz anlässlich des Fußballspieles Regensburg-Rostock (siehe DS Nr. 146, Juni 2011), an den für mich auffälligen Frauenanteil in den Reihen der Bereitschaftspolizei und an die möglicherweise beruhigende Wirkung, die ein weibliches Gegenüber auf so manchen Zeitgenossen haben kann. Wirklich gewaltsuchende Täter lassen sich vom Geschlecht der ihnen gegenüberstehenden Polizeikräfte ohnehin nicht beeindrucken, und bei solchen Gelegenheiten hat auch schon der eine oder andere männliche Kollege die Grenzen seiner Courage erreicht.
In weniger brisanten Lagen mag das weibliche Geschlecht aber auch wieder seine Vorteile bieten, der Satz von den "Waffen der Frau" steht nonchalant im Raum. Aber ich werde wieder ernst, denn noch eine Frage liegt mir auf dem Herzen, die mir nur Polizistinnen beantworten können. Das Thema "Gewalt gegen Frauen" ist mir persönlich sehr wichtig, und ich möchte wissen, wie man sich als Frau fühlt, wenn man zu einem entsprechenden Einsatz ausrücken muss.
Prinzipiell, so höre ich, seien solche Einsätze für Frauen auch nicht anders als für Männer. Die hohe Hemmschwelle der Betroffenen sei allerdings deprimierend, vor allem wenn man den Ort verlässt in dem Wissen, bald wieder zu einem ähnlich gelagerten Einsatz hierher gerufen zu werden. Allgemein ist es für Polizistinnen wie auch Polizisten wichtig, genügend professionelle Distanz zu wahren und die Arbeit nicht zu nah an sich herankommen zu lassen, was freilich nicht immer vollständig gelingt. Bei alledem bleibt die Frage, was zwei junge Frauen dazu bewegt, den Polizeiberuf zu ergreifen.
Frau Pilz ist familiär vorbelastet, bereits Großvater und Stiefbruder waren Polizisten, die Erzählungen aus der Verwandtschaft haben in ihr den Entschluss reifen lassen, nach dem Abitur den gleichen Weg einzuschlagen. Frau Kreuzer stammt ursprünglich aus Dresden, nach einem Semester Studium der Geographie und der anschließenden Entscheidung, zur Polizei zu gehen wechselte sie nach Bayern, um von der hier wesentlich besseren Einstellungssituation zu profitieren, auch bei ihr ist eine entsprechende familiäre Situation gegeben, sowohl Ehemann als auch Schwiegervater sind Polizeibeamte. Darüber hinaus ist Frau Kreuzer Mutter einer zweijährigen Tochter, eine Situation, die für Polizistinnen weitere Belastungen mit sich bringt. Sie erzählt vom Wiedereinstieg in den Beruf nach der Babypause, von dem anfangs nur zehnstündigen Dienst, der eigentlich ineffizient war, da in der kurzen Zeit zu viel Arbeit unerledigt bleiben musste, und von den Problemen, die es für junge Eltern insbesondere dann mit sich bringt, wenn beide Elternteile im Schichtdienst arbeiten. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist für sie nur möglich, wenn sie ihre Tochter tagsüber in eine Kinderkrippe bringen kann. Ein in diesem Zusammenhang geäußerter Wunsch bezieht sich auf Krippenplätze, die an die Arbeitssituation von Polizeibeamtinnen angepasst sind, insbesondere, was das benötigte Zeitfenster (gewünscht: 6:00–20:00 Uhr!) betrifft.
Gerade der Schichtdienst ist für Polizisten gleich welchen Geschlechtes belastend, nicht zuletzt auch, und hier sind sich meine Gesprächspartnerinnen einig, wegen der schlechten Personalsituation. Viel zu wenig Personal und eine in Teilen nicht optimale Ausstattung, die auf manchen Dienststellen von den Beamtinnen und Beamten privat beschafft werden muss, lassen den Dienst gelegentlich zum Belastungsfaktor werden. Dazu kommt ein negatives Image der Polizei in der Öffentlichkeit, das sich auch im persönlichen Umfeld auswirkt. Oft weitreichende Vorbehalte gegen Polizeiangehörige im Allgemeinen führen zu einer Frustration, die von Außenstehenden oft negativ interpretiert wird und weiter Vorurteile fördert, ein Kreis beginnt sich zu schließen.
Auf meine Frage, ob sie sich, noch einmal vor die Wahl gestellt, wieder für den Polizeiberuf entscheiden würden, antworten meine Gesprächspartnerinnen unterschiedlich. Gerade auch wegen der schlechten Personalsituation kann die Polizei ihrem Leitbild, helfend tätig zu werden kaum mehr nachkommen, viel zu oft kann man nur reagieren, anstatt zu agieren. Und dennoch, in einem Punkt sind sich Frau Pilz und Frau Kreuzer wieder einig, sie üben ihren Beruf gerne aus. das ist auch der emotionale Eindruck, den ich von dem Gespräch mit nach draußen nehme, dass ich mich mit zwei Frauen unterhalten konnte, die sich gefreut haben, ein offenes Ohr für ihre Anliegen zu haben, auch wenn wir dabei von der ursprünglichen frauenbezogenen Thematik oft abgeschweift sind, und die trotz aller auch weniger rosigen Aspekte ihren Dienst in einem Männerberuf mit Freude und mit Erfolg versehen.