in : Donaustrudl Humor
Nr. 203, Februar 2016

 

Kein Spaß ned. Echt.

Ich bin introvertiert, kontaktarm und vor allem völlig humorlos. Wenn ich Freunde hätte, könnten die das auch bestätigen. So stelle ich mich in so mancher sozialen Situation gerne vor, auch um den Humor meines Gegenübers auszutesten.

Aber mal im Ernst, ich und Humor – dass ich nicht lache!

Das fängt damit an, dass ich über die meisten Witze, ebenso wie über die meisten der heutzutage so hochgelobten Comedians (die Spezies der Komiker scheint ausgestorben zu sein – von der Gesellschaft für Deutsche Sprache mal abgesehen) nicht lachen kann. Das macht aber nichts, denn umgekehrt verhält es sich genauso; wenn ich dann doch einmal ein entsprechendes Bonmot absondere, sind die meisten Leute in meiner Umgebung unfähig, es überhaupt als Witz zu identifizieren, geschweige denn darüber zu lachen. Oder anders gesagt, meine Witze sind einer breiten Masse unverständlich („Kommt ein Boson aus der Kneipe und sagt: Higgs!“)

Jedenfalls habe ich das getan, was jeder tut, der mit einer Aufgabenstellung konfrontiert ist, die er nicht versteht, und habe den Begriff „Humor“ im Lexikon nachgeschlagen. Die allwissende Wikipedia spendet Rat, und mein frühverkorkstes Geisteswissenschaftlerhirn frohlocket über ein elfgliedriges Inhaltsverzeichnis einschließlich historischen Abrisses, Literaturverzeichnisses und Quellennachweises.
„Das Wort Humor ist lat. humor in der Bedeutung von Feuchtigkeit entlehnt“, lese ich da und erinnere mich mit Ephraim Kishon eines ähnlich humorlosen Zeitgenossen, der vor dreißig Jahren schon feststellte, dass das so nicht stimmen kann, immerhin habe er ja einen eher trockenen Humor. Aber viel aufschlussreicher finde ich Unterpunkt zwei, der hört auf den treffenden Namen „Problemstellung“, und dort erfahre ich, „es [gebe] theoretische Ansätze, Humor aus verschiedenen wissenschaftlichen und sozialen Blickwinkeln zu erklären (...)“ Ja, dem Himmel sei Dank, denke ich, irgendwo hocken hochintellektuelle Menschen unter Ausschluss von Tageslicht in einem muffigen Universitätskeller und investieren die Früchte ihrer akademischen Bildung darin, Humor auf das Gramm und das Jota, auf das sprichwörtliche grano salis zu quantifizieren und zu definieren. Zugegeben, Teilchenphysiker machen praktisch das gleiche und dabei entstehen Witze, wie der oben zitierte, aber das liegt wohl an der Synchrotronstrahlung, die macht einfach albern.
Aber das Ganze hat auch seine Vorteile, es werden ein paar ansonsten arbeitslose Sozialwissenschaftler beschäftigt und erfolgreich von der übrigen Menschheit ferngehalten, so dass sie nicht noch mehr Schaden anrichten können.

Meinem eigentlichen Ziel, einer ballistischen Annäherung an so etwas wie ein persönliches Verständnis von Humor, hat mich die Lexikon-Lektüre allerdings kein Stückchen nähergebracht.
Ich fahre statt dessen fort mit einer Analyse meines persönlichen Umfeldes:
Den Anhängern der „Schwarzen Szene“, der ich mich ja durchaus verbunden fühle, wird von Außenstehenden ja gerne nachgesagt, dass quasi als Aufnahmeritus eine operative Entfernung der Lachmuskulatur anstünde. Das war in meinem Fall allerdings nicht nötig, die war bei mir schon vorher verkümmert. Auf einer ähnlichen Basis sehen böse Zungen (Stellen Sie sich eine sehende Zunge vor. Nicht witzig? Sag ich doch.) mein positives Verhältnis zur Polizei. Da wird ja auch nicht gelacht und wenn, dann überhaupt und nur auf Kosten anderer. Da hinken die mir aber auch hinterher, denn ich bin dermaßen humorlos, dass es mir sogar an Schadenfreude mangelt; bei mir muss man tatsächlich noch extra für den Spott sorgen.

Jedenfalls nehme ich mit einer gewissen Genugtuung meine wachsende Frustration zur Kenntnis und bin froh, nun endlich damit aufhören zu können, mich mit dem Thema „Humor“ beschäftigen zu müssen. Das nächste Donaustrudl-Heftthema lautet ja „Hass“, und raten Sie mal, von wem der Vorschlag kam.
Jedenfalls ohne Humor lebt es sich wesentlich leichter, denn wer alles immer gleich todernst nimmt, erspart sich damit lästiges Nachdenken und mühevolle Standpunktwechsel.
Für die Ausnahmefälle, in denen es sich doch mal nicht vermeiden lässt, habe ich kürzlich im Internet einen schönen Spruch gelesen: „Ich habe für den Notfall immer einen tragbaren Keller dabei, falls ich unterwegs mal lachen muss.“ Und selbst diesen Leuten rufe ich zu: Anfänger!
Ich gehe zum Lachen nicht nur in den Keller, ich grabe mir dort ein Loch, hocke mich hinein und ziehe mir eine Decke über den Kopf. Damit nur ja keiner etwas mitbekommt.

In diesem Sinne – kein Spaß!

 

 


 

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