Das Tor zur Hölle kommt aus Belgien.
Wirklich gut davon ist m.E. nur das Judas,
das bewerte ich mit 30 Silberlingen.

 

Erschienen in : Donaustrudl Sammeln
Nr. 205, April 2016

 

Flaschensammlung

Ich bin auch Flaschensammler. In meinem Fall handelt es sich – wie soll es auch anders sein – um eine Sammlung von Craft Bier-Flaschen (vgl. DS 199, Oktober 2015). Mein guter Vorsatz war es einmal, von jedem Bier, das ich mal verkostet habe, auch eine Flasche zu besitzen. Das ließ sich so nicht ganz umsetzen, da einen dieses Ansinnen vor finanzielle wie auch logistische Probleme stellt, aber dennoch hat sich bei mir mittlerweile eine stolze Flaschenausstellung angesammelt.

Das gilt, so spricht der kleine Zyniker in mir, auch für mein und nicht nur für mein soziales Umfeld. Mit den menschlichen Flaschen ist es wie mit den Flüssigkeitsbehältern. Es gibt sie in groß und klein, in Form und Inhalt verschieden, in allen Farben, manche sind leicht zu durchschauen, andere eher undurchsichtig, und braun und hohl ist auch als Mensch eine gute Voraussetzung, eine Flasche zu sein.

Auch im sozialen Umfeld tendieren Flaschen dazu, sich anzusammeln, nur wird man sie wesentlich schwerer wieder los. Kaum ein Getränkemarkt nimmt z.B. eine Ex-Partnerin wieder zurück (Vom Pfand mal gar nicht zu reden), und sie einfach in den Container zu stopfen oder gar in der Umwelt zu entsorgen, verbieten Anstand, Menschenwürde, Ökobewusstsein und das Strafgesetzbuch. Da kann man sie nur irgendwo abstellen, sich unauffällig davonmachen und darauf hoffen, dass sich ein anderer Flaschensammler des Problems annimmt.

Denn das ist noch so ein Vorteil des Craft Biers gegenüber dem Menschen – beim Bier merkt man schon nach dem ersten Schluck, ob es einen anspricht oder nicht. In sozialen Beziehungen muss man oftmals erst viel schlucken, bis man merkt, dass einem das Gegenüber nicht gut tut. Am Ende bleiben dann Scherben und die sind nur bei der Getränkeflasche recyclingfähig.

Somit bin ich auf dem besten Weg, dass mir meine Flaschensammlung tatsächlich lieber ist, als so mancher meiner Mitmenschen. Aber auch die ist, genau wie mein soziales Beziehungsgeflecht, nicht statisch. Es kommen immer wieder neue dazu, und der Regalplatz ist begrenzt. Da muss man dann gelegentlich umsortieren, manche rücken in den Vorder- andere in den Hintergrund und wieder andere wandern ins Archiv. Was mir bei den Menschen öfter passiert, als bei den Flaschen, ist, dass sie von dort manchmal auch wieder auftauchen.

Die Kriterien, nach denen ich die Regalplätze für meine Flaschen vergebe, sind übrigens ganz verschieden. Manchmal ist es ein Bier, das mir besonders gut geschmeckt hat, manchmal ein besonders ansprechend gestaltetes Etikett, manchmal auch, weil die Flasche an ein besonderes Ereignis erinnert, oder weil sie eine interessante Geschichte repräsentiert. (Wie z.B. das „Tor zur Hölle“, vgl. Foto!) All diese Faktoren beeinflussen, wie die prominenten Plätze in der ersten Reihe in dem Regal auf Augenhöhe vergeben werden.
Augenhöhe ist auch so ein Stichwort bei sozialen Beziehungen. Ich habe Menschen in meinem engeren Umfeld, die sind so etwa drei bis fünf Nummern zu groß für mich. Trotzdem können wir gut befreundet sein. Vielleicht auch, weil sie sich selbst nicht so wichtig nehmen und mich auch trotz meines gelegentlich Disharmonien verursachenden Sprungs in der Schüssel (die, nebenbei bemerkt, auch kaum etwas anderes als die nichtphallische Variante der Flasche ist) zu schätzen wissen. Andere wiederum sind aber partout sowas von nicht mein Niveau. Da muss man dann manchmal schon sehr in die Knie gehen, um die Augenhöhe wieder herzustellen, und bei so manchem macht man das dann auch gerne, weil er halt dennoch ein angenehmer Zeitgenosse ist. Und manch anderen belässt man besser in der untersten Schublade.
Wie man den Unterschied feststellt? Nun, bei der Bierherstellung gibt man Hefe zu, und es entsteht Alkohol und Kohlendioxyd. Bei manchen Menschen reicht es, Alkohol zuzugeben, und wenn dann außer warmem Abwasser und heißer Luft nichts dabei herauskommt, darf man getrost feststellen, dass wohl Hopfen und Malz verloren gegangen sind. Da ist es dann beim Menschen genau wie beim Bier, sie werden geschmacklos und sind nicht haltbar, und über Braunfärbung habe ich ja schon gesprochen.

Letzten Endes läuft es bei Bierflaschen wie auch bei Menschen auf das gleiche hinaus: Das Etikett kann noch so schön gestaltet, die Bottle noch so crazy aufgestyled sein, was zählt, sind die inneren Werte. Na dann Prost!

 

 


 

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