Mein Beitrag zur Fußballweltmeisterschaft 2011 in Deutschland

erschienen in : Donaustrudl Sport
Nr. 146, Juni 2011

 

Frauen, die dem Ball nachlaufen

Frauen, die Fußball spielen, das ist selbstverständlich. Frauen, die Fußball spielen, wie selbstverständlich ist das wirklich? Bei kaum einem Sport wird das Geschlechterverhältnis bis heute so polarisierend wahrgenommen wie beim Fußball. Und doch sind die Frauen, die dem Ball nachlaufen aus dem Schattendasein, das sie die letzten Jahrzehnte geführt haben herausgetreten und haben eine Erfolgsgeschichte geschrieben, die jetzt erst so richtig Fahrt aufnimmt.

Dabei waren die frühen Kapitel dieser Geschichte alles andere als ruhmreich, und zwar nicht für die Frauen selbst, sondern für die durchweg männlichen Fußballfunktionäre und die Art und Weise, wie sie mit dem Phänomen der Fußballerinnen umgegangen sind. Als zwischen den Weltkriegen der Fußballsport auch für Frauen interessant zu werden begann, reagierte die Männerwelt sofort. So verbot die englische Football Associacion 1921 den Frauen die Benutzung der Stadien. Als Deutschland 1954 zum ersten Mal Fußballweltmeister wurde, reagierte der DFB auf die wiederaufkeimende Debatte um fußballspielende Frauen entsprechend und verbot ein Jahr später den angeschlossenen Vereinen formal, Frauenmannschaften aufzustellen, denn "diese Kampfsportart (sic!) [sei] der Natur des Weibes im wesentlichen fremd, … Körper und Seele erleiden unweigerlich Schaden, … das "Zuschaustellen des Körpers verletze Schicklichkeit und Anstand." (zitiert nach Hennies/Meuren: Frauenfußball. Der lange Weg zur Anerkennung). Die Rechnung der Fußballherren ging allerdings nicht auf, in zahlreichen anderen Sportvereinen gründeten sich Frauenfußball-Abteilungen, die sich einer wachsenden Beliebtheit erfreuten. Und dennoch sollte die Verbotszeit 15 Jahre andauern, erst 1970 wurden in Deutschland auch offiziell Frauenfußballspiele ausgetragen, allerdings mit Einschränkungen, so dauerte u.a. das Spiel anfangs nur 70 Minuten, und der Ball war zwar rund, aber dafür kleiner und leichter als der "Herrenball". Es sollte noch weitere 12 Jahre dauern, bis 1982 das erste offizielle Länderspiel einer Frauennationalmannschaft stattfand. In Koblenz trennten die Damen sich siegreich mit 5:1 von der Schweiz, zwei der Tore erzielte übrigens die damals achtzehnjährige Silvia Neid. Langsam begannen sich nun auch die Massenmedien für die immer erfolgreicheren Frauen zu interessieren, Mitte der neunziger Jahre wurden die ersten Partien im Fernsehen übertragen. Nachdem die deutsche Damenauswahl in den folgenden Jahrzehnten bei Europa- und Weltmeisterschaften einen Erfolg nach dem anderen vorweisen konnte stieg so auch das öffentliche Interesse immer weiter an, bis zum heutigen Tage, an dem die in diesem Jahr in Deutschland stattfindende Weltmeisterschaft einen weiteren wichtigen Meilenstein in einer sicher noch langen Erfolgsstory darstellt.

Apropos Erfolge, wie ich aus zahlreichen Gesprächen mit Freunden und Kollegen berichten kann weiß es die Minderheit der hierzulande weniger fußballinteressierten Menschen schon lange, und auch in der Masse der (Männer-)Fußballfans greift die Erkenntnis langsam um sich, daß nämlich die Frauen in Deutschland besser Fußball spielen als die Männer. Zum Beweis sei ein kleines Rechenbeispiel herangezogen. Bei der seit 1930 mit kriegsbedingten Unterbrechungen bisher 19 mal ausgetragenen Männer-WM wurde Deutschland bisher dreimal Weltmeister, entsprechend einer Quote von 15,8%. Frauenweltmeisterschaften wurden seit 1991 fünfmal ausgetragen, dabei hieß die Weltmeisterin bisher zweimal Deutschland, eine 40%-Quote, die 2011 hoffentlich auf die 50% erhöht werden kann. Ähnlich sieht es eine Stufe tiefer aus, seit Beginn der Austragung 1960 wurden die deutschen Herren dreimal Europameister (23%), die deutschen Damen konnten in sieben von zehn Europameisterschaften den Titel erringen, davon die letzten fünf mal in Folge.

Dennoch sind Fußballerinnen in Deutschland noch weit entfernt von der Gleichberechtigung mit ihren männlichen Kollegen, wie mir eine aus Regensburg stammende ehemalige U21-Nationalspielerin zu berichten weiß. Eine junge Frau, die noch vor wenigen Jahren den Wunsch geäußert hat, Fußballprofi zu werden, konnte bestenfalls auf Unverständnis hoffen. Bis heute ist Frauenfußball ein reiner Amateursport. In der laufenden Bundesligasaison gehen ungefähr die Hälfte aller Spielerinnen entweder zur Schule oder sind Studentinnen. Die andere Hälfte geht einer regulären Arbeit nach, um den Lebensunterhalt zu finanzieren. Auch die Bundeswehr tritt hier als Förderer auf, so ist neben zahlreichen weiteren Spielerinnen u.a. die aus Regensburg stammende Nationalspielerin Simone Laudehr Sportsoldatin. Von den Einkünften der männlichen Sportler können die Damen also nur träumen, meist ist der Gesamtetat selbst hochdotierter Vereine deutlich niedriger als das Gehalt so mancher Bundesligaspieler, das Prinzip "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" mag für viele gelten, nicht jedoch für Fußballerinnen.

Bleibt zu hoffen, daß auch hier die Damen auf dem Weg der Emanzipation weiterschreiten. Aber vielleicht dann doch nicht zu weit, und vielleicht können hier die Herren von den Damen lernen; denn auch das habe ich in zahlreichen Gesprächen erfahren, daß die mangelnde soziale Bodenhaftung, die bei so manchem hoch- bis überbezahlten Profifußballer gelegentlich sauer aufstößt bei den Damen nicht wahrgenommen wird. Das macht den Frauenfußball auch für Leute sympathisch, die sich für diesen Sport bisher nicht interessiert haben. Und dementsprechend schließe auch ich mit einem herzlichen "Auf geht's, wir werden Weltmeisterin!"

 

 


 

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